Donnerstag, August 09, 2007

Franz Gertsch



Franz Gertsch, geboren 1930 in Mörigen, zählt zu den bedeutendsten Schweizer Künstlern der Gegenwart. Auch international hat er sich mit seiner hyperrealistischen Malerei und seinem in Technik und Formaten einzigartigen Holzschnittwerk ein herausragendes Renommée erworben. Von seinem internationalen Durchbruch auf der documenta 5 in Kassel 1972 bis zur Präsentation seiner Werke auf den Biennalen in Venedig 1999 und 2003 spannt sich ein reiches malerisches und graphische Werk, das eine ganz besondere Annäherung an die Wirklichkeit vornimmt.

Realität bedeutet für Franz Gertsch nicht nur eine malerische, sondern auch eine konzeptionelle Herausforderung. Obgleich er von Fotos bzw. von Diaprojektionen ausgeht, folgen die Bilder einer eigenen, innerbildlichen Logik, die auf absolute Stimmigkeit aller Elemente zielt. Im Unterschied zu den amerikanischen Malern bedient er sich des Pinsels statt der Spritzpistole. Die Reinheit des verwendeten Materials ist Programm: Von den Farben, oft aus Mineralien wie Lapislazuli, Azurit und Malachit hergestellt, über Bindemittel bis hin zu Leinwand oder handgeschöpftem japanischen Papier wird alles sorgfältig ausgewählt und auf das Werk abgestimmt. Sein Werk verarbeitet einen guten Teil europäischer Maltradition - von Jan van Eyck, Albrecht Dürer und Leonardo da Vinci bis hin zu Caspar David Friedrich und Ferdinand Hodler - ohne deswegen Verrat an der Moderne zu üben.

Als völlig singulär kann das Holzschnittwerk von Franz Gertsch gelten. In einer bisher unbekannter Präzision der Ausführung - das gilt für das Stechen ebenso wie für das Drucken - und in Monumentalformaten, die an die Grenzen des Machbaren bei der Papierherstellung stossen, hat Gertsch diesem traditionellen Medium neue Dimensionen erschlossen.

An Anerkennung dieses aussergewöhnlichen Werkes hat es nicht gefehlt. Grosse Ausstellungen u.a. im Museum of Modern Art, New York, in Kyoto, Berlin, London und andernorts zeugen von seiner Wertschätzung. In deutschen und amerikanischen Museen ist Gertsch gut vertreten. In der Schweiz hingegen sah man bisher vergleichsweise wenig von ihm. Die Bestände des Kunsthauses in Zürich und des Kunstmuseums Bern können nicht als repräsentativ gelten. Mit dem museum franz gertsch in Burgdorf, nur unweit seines Wohn- und Arbeitsortes Rüschegg gelegen, wird nun sein herausragendes Lebenswerk angemessen gewürdigt.


Titel des Bildes links: Johanna 1.

Lebenslauf von Franz Gertsch:
Geboren am 8. März 1930 in Mörigen im Kanton Bern
1947-50 Ausbildung in der Malschule Max von Mühlenen, Bern
1950-52 Weiterbildung bei Hans Schwarzenbach, Bern
1963 Hochzeit mit Maria Meer
1967 Louise Aeschlimann-Stipendium
1969 Erste grossformatige realistische Gemälde
1970 Familien- und Gruppenszenen, "Situations"-Porträts
1972 Teilnahme an der documenta V mit dem Bild Medici
1974-75 DAAD-Stipendium, Berlin
1976 Umzug nach Rüschegg
1978 Teilnahme an der Biennale in Venedig
1980 Beginn der Porträt-Serie mit einem Selbstbildnis; es folgen Irene, Tabea, Verena, Christina, Johanna und Simone
1986 Gibt vorübergehend die Malerei auf; Beginn grossformatiger Holzschnitte
1994 Wiederaufnahme der Malerei; bis 1999 entstehen die Gräser I-IV sowie Silvia (1997/98)
1997 Verleihung des Kaiserrings der Stadt Goslar
1999 Einzelpräsentation auf der Biennale in Venedig
2002 Eröffnung des museum franz gertsch in Burgdorf/CH
2003 Teilnahme an der Biennale in Venedig

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