Montag, Januar 22, 2007

Wie viele Richter braucht das Land?

Werden am Bundesgericht 41, 38 oder 36 Richter benötigt? Das Seilziehen zwischen Bundesrat Blocher, dem Parlament und «Lausanne» erinnert an einen Bazar, auf dem um Preise und Stückzahlen gehandelt wird. Der Ständerat hat sich am Donnerstag für 38 Richterstellen entschieden (vgl. baz von gestern); der Justizminister will 36, das Bundesgericht hält am heutigen Bestand von 41 Vollstellen fest. Nun geht das Geschäft an den Nationalrat.

Hängt von der Richterzahl tatsächlich die Qualität der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, wie das Bundesgericht argumentiert? Ist dessen verfassungsmässiger Auftrag gefährdet, wenn das Gericht sparen muss? Oder geht es beim Streit möglicherweise um Besitzstandwahrung, um die Verteidigung von Posten und Pfründen?

Tatsache ist, dass Blocher das Bundesgericht nicht sonderlich mag, weil die Richter wiederholt der SVP einen Strich durch die Rechnung machten und Einbürgerungs- sowie Asylfälle anders entschieden, als dies der Blocher-Partei ins Konzept passt. Ebenso Tatsache ist aber, dass «Lausanne» seit Jahrzehnten unter einer Beschwerdeflut leidet, gegen die etwas getan werden muss. Eine Revision des Organisationsgesetzes (OG) scheiterte Ende der achtziger Jahre am Nein des Volkes. Nun tritt am 1. Januar 2007 das neue Bundesgerichtsgesetz in Kraft.

Noch ist nicht klar, ob und welches Entlastungspotenzial das neue Gesetz mit sich bringen wird. Gefordert ist primär das Gericht, das die Geschäftslast inskünftig durch ein ebenso geschicktes wie effizientes Justizmanagement selber kontrollieren kann. Instrumente hierzu sind das vereinfachte Verfahren, das die Möglichkeit eröffnet, auf rechtsmissbräuchliche, offensichtlich unzulässige und nicht hinreichend begründete Beschwerden gar nicht einzutreten. In der Dreierbesetzung können die Richter zudem Beschwerden abweisen, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn kein besonders bedeutender Fall vorliegt. Bei all diesen Eingaben genügt eine einfache summarische Begründung, die auch von einem Gerichtsschreiber verfasst werden kann.

Im Clinch zwischen Effizienz und Rechtsstaatlichkeit eröffnet das neue Gesetz den Bundesrichtern die Möglichkeit, sich auf Fälle von grundsätzlicher Bedeutung und auf eine einheitliche Rechtsprechung zu konzentrieren. Wenn nun der Ständerat durch ein beschlossenes Controlling-Verfahren die Entwicklung der Geschäftslast beobachten will, dann nimmt er auf die höchstrichterliche Rechtsprechung keinen Einfluss. Die Gewaltenteilung wird dadurch nicht tangiert.

baz vom 25.3.06

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