Sonntag, Januar 28, 2007

Rütli-Reisende rot registriert

Auf der Rütliwiese konnten am 1. August dank strenger Zutrittskontrollen unwürdige Provokationen rechtsnationaler Wirrköpfe verhindert werden. Den Polizeikontrollen fielen allerdings auch integre Bürger zum Opfer, die trotz gültiger Eintrittskarten am Betreten des Festgeländes gehindert wurden. Skandal oder unvermeidbare Panne?

Zu den 120 Abgewiesenen gehörten neben Neo-Nazis auch unbescholtene Familien mit Jugendlichen, ein Mitglied einer kommunalen Integrationskommission sowie ein Zuger Sekundarlehrer. Als Grund für die Zutrittsverweigerung gaben die Behörden an, die Namen der Zurückgewiesenen hätten auf Listen gestanden. In anderen Fälle seien Personen einer falschen Gruppe zugeordnet worden. Zum Kontrollchaos scheint auch die ungenügende Zusammenarbeit kantonaler und eidgenössischer Staatsschutzstellen sowie das Fehlen einer übergeordneten Kontrollinstanz beigetragen zu haben.

Beobachter sprachen von einer «roten Liste», aufgrund der registrierte Personen abgewiesen wurden. Der stellvertretende Chef des Inlandnachrichtendienstes (DAP) dementierte gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung», dass es sich dabei um die «geheime Beobachtungsliste» mit staatsgefährdenden Personen handelt, die nur dem Bundesrat und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte bekannt ist. Unklar bleibt damit, woher die offenbar rot eingefärbten Namenslisten stammten. Interessant wäre zudem zu erfahren, mit welcher rechtlichen Begründung die Schwyzer Behörden abgewiesene Rütli-Reisende fotografierten. Dafür wäre nämlich die Ermächtigung eines Untersuchungsrichters erforderlich gewesen.

Seit der Fichenaffäre Ende der achtziger Jahre wird das behördliche Sammeln von Personendaten restriktiver gehandhabt als zu Cincera-Zeiten. Aus datenschutzrechtlicher Sicht haben die Rütli-Kontrollen altbekannte Fragen neu initiiert: Wie kommen angeblich Verdächtige auf Listen? Welche Einsichtsmöglichkeiten haben Betroffene? Und - wichtig - wie können unbescholtene Bürger erreichen, dass ihre irrtümlich registrierten Daten gelöscht werden?

Fazit: Die Rütli-Kontrollen haben deutlich gemacht, dass unter den Kantonen sowie zwischen Bund und Kantonen Koordinationsbedarf besteht. Genau wie bei der Zutrittskontrolle zum Stadion St.-Jakob-Park muss auch bei nicht-sportlichen Grossanlässen klar geregelt werden, unter welchen Rahmenbedingungen Staatsschutz, Polizei und private Veranstalter zu Sicherheitszwecken Daten austauschen dürfen.

baz vom 10.8.07

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