Sonntag, Januar 28, 2007

Rote Karte für Handy-Quälgeister

Die Erfindung des Mobiltelefons hat unser Leben verändert, und zwar sowohl zum Guten als auch zum Schlechten: Privat wie geschäftlich sind wir überall und jederzeit erreichbar, vorausgesetzt, das Handy bleibt eingeschaltet. Kurzfristige Terminänderungen werden möglich. Arbeitgeber freuen sich darüber, dass die Produktivität steigt, wenn Arbeitnehmer selbst in der Freizeit telefonische Aufgaben übernehmen. Eltern schätzen das Gefühl, zu später Stunde ihren im Ausgang weilenden Nachwuchs kontaktieren zu können. Kurzum: Das Handy ist eine äusserst praktische Einrichtung, die Spass macht.

Negativ ins Gewicht fallen die Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit, welche die telekommunikative Innovation mit sich bringt: Man quasselt stundenlang über Belangloses und Sinnloses. Man schreibt spontane Kurzmitteilungen (SMS) statt langer, wohl überlegter Briefe. Und man wird durch das ständige Pipsen und Klingeln permanent abgelenkt.

Wir alle machen dieselbe Erfahrung: Telefonanrufe und Handy-Gespräche in der Öffentlichkeit sind ein verbreitetes Ärgernis. Ich jedenfalls ärgere mich regelmässig, wenn im Bahnabteil, im Tram oder im Restaurant mein Sitznachbar lautstark und scheinbar endlos seinem Gesprächspartner die neusten Erlebnisse schildert, ihn oder sie mit Redeschwällen eindeckt, um anschliessend in einen mehr als peinlichen Telefonflirt überzugehen. Privates oder Geschäftliches interessiert mich in solchen Situationen herzlich wenig.

Das Übel erkannt hat ein findiger Unternehmer aus dem Kanton Neuenburg. Unter der Marke «mobile red card» bietet Christoph Breitenmoser Abhilfe: Über das Internet vertreibt er kleine rote Karten, die im Belästigungsfall spontan an Handy-Quälgeister abgegeben werden können. Auf der Rückseite der Kärtchen sollte der Grund für die Reklamation angekreuzt werden: «Leider interessiert mich Ihr Gespräch überhaupt nicht.» «Sieht ganz so aus, als ob Sie zu jenen Menschen gehören, die total auf SMS- und Klingeltöne stehen. Ich absolut nicht.» «Ich weiss genau, dass Handyspiele auch ohne Sound sehr gut funktionieren.»

Einmal abgegeben, bleibt die Wirkung der ebenso witzigen wie höflichen Geste in aller Regel nicht aus. Die Botschaft ist direkt, freundlich und kommt in den meisten Fällen auch an: Handy-Quälgeister pflegen nach einer «roten Karte» ihr störendes Verhalten zu ändern und herzhaft über sich und die Intervention zu lachen. Ob die Kampagne auch Langzeitwirkung haben wird, bleibt abzuwarten.

› www.mobileredcard.com

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