Sonntag, Januar 21, 2007

Im Schatten mächtiger Männer

Sie stehen im Schatten ihrer mächtigen Männer, übernehmen wichtige Repräsentationsaufgaben, tun Gutes für karitative Organisationen und verfolgen zuweilen auch eigene politische Ziele. Präsidentengattinnen spielen - je nach der politischen Kultur eines Landes - eine wichtigere oder unwichtigere Rolle.

Hillary Clinton war als «First Lady» die treibende Kraft hinter der Gesundheitsreform, die 1996 am Widerstand der US-Konservativen scheiterte. Nach Bills Ausscheiden aus dem Amt emanzipierte sich die Demokratin vollends. Seither geht sie als New Yorker Senatorin eigene politische Wege.

In Argentinien gilt die Gattin des dortigen Präsidenten, Cristina Fernàndez de Kirchner, als politische «Powerfrau», die impulsiv und angriffslustig auftritt. Ihr Einfluss erinnert an Evita Perón.

Beispiele einflussreicher Präsidentengattinnen sind auch aus der Geschichte bekannt: Eleanor Roosevelt wirkte mit bei der Gründung der Unicef und bei der Ausarbeitung der «Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte». Raisa Gorbatschowas soziales Engagement ist legendär: An der Seite ihres Mannes machte sie sich stark für Bedürftige und für die strahlengeschädigten Kinder von Tschernobyl.

Und in der Schweiz? Wie verstehen die Ehepartner von Regierungsmitgliedern ihre Rolle? Traditionsgemäss sind Bundesratsgattinnen keine Machtpersonen, die heimlich hinter ihren Männern politisch die Fäden ziehen. Das gilt auch für Silvia Blocher. Indem die Zürcherin die politische Agenda ihres Mannes verwaltet, Veranstaltungen organisiert und Christoph als Gesprächspartnerin unterstützt, ist sie noch lange nicht «die mächtigste Frau im Bundesrat». Wenn ein neuer Dokumentarfilm des Schweizer Fernsehens, der heute Abend ausgestrahlt wird, diesen Eindruck suggeriert, dann ist dies eine gehörige Übertreibung.

Bundesratsgattinnen drängen nicht ins Rampenlicht. In der Regel schotten sie ihr Privatleben von der Öffentlichkeit ab und sorgen dafür, dass sich ihre gestressten Ehemänner in der Freizeit erholen können. Gleichzeitig erledigen sie Administratives, pflegen die Familie und gehen eigenen Interessen nach. Privat vertreten sie durchaus eine eigene Meinung, welche aber die Öffentlichkeit nicht zu interessieren braucht.

Von einer Amerikanisierung der Politik ist die Schweiz weit entfernt. Genau wie die anderen Bundesratspaare pflegen auch die Blochers eine traditionelle Rollenteilung. Selbst wenn sich Silvia Blocher politisch engagiert: Eine Hillary Clinton oder Cristina Fernàndez de Kirchner ist sie noch lange nicht.

baz vom 9.12.04

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