Sonntag, Januar 21, 2007

Gute Werbung, schlechte Werbung

Die Verbotswelle rollt und rollt. Ein Ende der Entwicklung ist nicht absehbar. Seit dem 1. August 2005 ist in der EU Werbung für Tabakwaren verboten. In der Schweiz haben drei Kantone (Basel-Stadt, Genf und Zug) rigorose Werbeverbote für diese Genussmittel erlassen, während in 14 weiteren Kantonen partielle Werbeverbote gelten oder geplant sind.

Das Chaos scheint perfekt, Verbots-Föderalismus feiert Urstände. Was im Aargau erlaubt ist, bleibt in Baselland oder in Basel-Stadt verboten. Verwaltungsstellen und Gerichte beurteilen die Fälle mit riesigem Ermessen. Ganz offensichtlich gibt es gute Werbung und schlechte Werbung. Wer behält da noch den Überblick?

Inserate oder Spots für kassenpflichtige Medikamente dürfen nicht sein. Sponsoring oder «Product Placement» werden geduldet. Tabakwerbung an den «Davidoff Swiss Indoors» ist erlaubt, am «Basler CityMarathon» aber nicht. Für Plakatwerbung, Zeitungen und elektronische Medien gelten unterschiedliche Standards. Die Umgehung von Werbeverboten ist an der Tagesordnung. Die Grauzone wird immer grösser. Die Rechtsunsicherheit auch.

Das Bundesgericht hat sich in einer reichen, aber widersprüchlichen Praxis mit dem Thema beschäftigt. So wurde das im Lebensmittelrecht begründete Publikationsverbot eines Inserats mit dem Slogan «Milch gibt starke Knochen» geschützt, obwohl wissenschaftlich bewiesen ist, dass der Konsum von Milch gegen Osteoporose vorbeugt. Nicht immer wird aus der Urteilsbegründung klar, ob ein öffentliches Interesse vorliegt.

Stossend wirkt sich das Werbeverbot für ausländische Wettfirmen aus: Während «Sport-Toto» für sein Wettangebot von den Kantonen eine Ausnahmebewilligung erhalten hat, weil ein Teil der Erträge via Stände an den Schweizer Sport zurückfliesst, bleiben «Interwetten» und andere Anbieter von Sportwetten vom Schweizer Markt ausgeschlossen. Ihnen ist Werbung hierzulande untersagt. Nach Ansicht namhafter Experten verstösst diese Praxis gegen die Handels- und Gewerbefreiheit und verletzt zudem das Verbot der Ungleichbehandlung. Sie dient nicht - wie vor 80 Jahren vom Gesetzgeber gewollt - der Bekämpfung der Spielsucht, sondern dem Ausschluss unliebsamer Mitbewerber.

Höchste Zeit also, dass sich der Bund dem Thema «Werbeverbote» annimmt und einheitliche Regeln schafft. Im Rahmen dieser Aufgaben drängt sich auch eine baldige Totalrevision des verstaubten, aus dem Jahr 1923 stammenden Lotteriegesetzes auf.

baz vom 22.10.2005

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