Sonntag, Januar 21, 2007

Gebt uns die Mauer wieder

Jeder vierte Westdeutsche und jeder zehnte Ostdeutsche wünschen sich die Mauer zurück. Dies hat eine Umfrage des Berliner Forsa-Instituts ergeben. Was erstaunt, ist nicht der Umstand, dass die «Ossis» mit der vor vierzehn Jahren verordneten Wiedervereinigung Mühe bekunden. Schockieren muss die Erkenntnis, dass jeder vierte «Wessi» die «Brüder und Schwestern» im Osten am liebsten wieder loswürde.

Die Westdeutschen haben das Gefühl, ihre Steuergelder flössen ungebremst in den Osten, während das eigene Haus verlottere. «Wir arbeiten, während drüben vor allem Arbeitslosengelder bezogen werden», lautet eine weit verbreitete Meinung. Bei den Ostdeutschen dominiert das Gefühl, vom Westen über den Tisch gezogen worden zu sein.

Oskar Lafontaine lässt grüssen: Der streitsame Saarländer hatte bereits 1990 vor Sozialneid und Missgunst im Westen gewarnt. Helmut Kohl und Gerhard Schröder versprachen Abhilfe. Es blieb beim Versprechen. Als Folge der enttäuschten Hoffnungen wird heute wieder demonstriert. Montag für Montag.

Vor fünfzehn Jahren hatte der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt erklärt: «Jetzt wächst endlich zusammen, was zusammengehört.» Wer die Ergebnisse der Forsa-Umfrage liest, kommt zum Schluss, dass der grosse Sozialdemokrat ein Optimist war: Der Prozess des Zusammenwachsens wird noch Jahre in Anspruch nehmen.

baz vom 14.9.2004

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