Montag, Januar 22, 2007

Freiwillige vor und an die Schläuche

Immer weniger junge Leute sind zum freiwilligen Feuerwehrdienst bereit. Statt einer Bezirks- oder Dorffeuerwehr beizutreten, zahlen sie die einkommensabhängige Ersatzabgabe. Den drei Kompanien der basel-städtischen Bezirksfeuerwehr fehlen derzeit fünfzig Männer und Frauen. Mit einer «Schneuz- und Speuz-Aktion» sollen nun die Lücken geschlossen werden (vgl. baz vom Donnerstag).

Die Gründe für das ermüdende Interesse sind vielfältig: Der schleichende Wertewandel zählt dazu. Unter jungen Erwachsenen ist es nicht mehr «cool», die Freizeit in einer «paramilitärischen» Organisation und dann noch in Uniform zu verbringen. Viel lieber geniessen sie ihre Freiheit ohne Verpflichtungen. Mit Freunden in die Disco oder ins Kino zu gehen, ist lässiger, als Schläuche zu rollen oder auf Leitern zu klettern.

Der Zwang, sich für einen unvorhersehbaren Dienst zu verpflichten und jederzeit für Notfälle bereit zu sein, schreckt ab. Hinzu kommen die Zwänge am Arbeitsplatz: Immer weniger Arbeitgeber sind bereit, ihren Mitarbeitern Zeit für Sondereinsätze zu gewähren. Wer fehlt, gefährdet die Produktivität und unterläuft die in allen Branchen grassierenden Sparanstrengungen.

Diese Sichtweise ist kurzsichtig: Freiwilligenarbeit, ob bei Pro Senectute, Benevol oder der Dorffeuerwehr, macht Sinn und zahlt sich aus. Für den Einzelnen, die Gemeinschaft und den Staat.

Wer eine Freiwilligenaufgabe übernimmt, zeigt sich solidarisch, erfährt Erfüllung sowie Dank und baut sein soziales Netz aus. Die Mitgliedschaft in einer freiwilligen Feuerwehr dient auch dem Erlernen praktischer Dinge: Wie bedient man einen Feuerlöscher? Wie setzt man eine Löschdecke ein? Erste Hilfe?

Nicht zu unterschätzen ist schliesslich der volkswirtschaftliche Nutzen des Dienstes: Müssten die Bezirks- und Dorffeuerwehrleute durch Berufskräfte ersetzt werden, käme dies das Gemeinwesen erheblich teurer zu stehen als die heutige Lösung. Steuererhöhungen oder Sicherheitsdefizite wären absehbare Folgen eines solchen Systemwechsels.

All diese Überlegungen rechtfertigen die steuerliche Sonderbehandlung der freiwilligen Feuerwehr: Im vergangenen Jahr hat das eidgenössische Parlament einer Motion von SP-Nationalrat Boris Banga zugestimmt, die vorsieht, dass der Feuerwehrsold von der direkten und - via Steuerharmonisierung - von den kantonalen sowie Gemeindesteuern befreit wird. Damit werden Feuerwehrleute den Militär- und Zivildienstleistenden gleichgestellt. Dieses Entgegenkommen honoriert den wertvollen Dienst an der Gemeinschaft zumindest teilweise.

baz vom 28.1.06

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