Sonntag, Januar 21, 2007

Danke sagen als Lebenseinstellung

Danke sagen scheint aus der Mode gekommen zu sein: Kinder stecken Geschenke ein, ohne mit der Wimper zu zucken. Teenager finden es «krank», auf eine besondere Aufmerksamkeit positiv zu reagieren. Erwachsene übersehen spezielle Signale, die eigentlich ein Merci verdienten. Am Arbeitsplatz ist längst alles selbstverständlich geworden.

Die ausbleibende Dankbarkeit, das Merci-Defizit, scheint eine Folge der degressiven Werthaltung zu sein, die unseren Zeitgeist prägt: Es fehlt an Sensibilität, Einfühlungsvermögen, Aufmerksamkeit, an Wertschätzung, an gutem Benehmen.

Doch danke sagen ist mehr als eine Anstandsformel. Danke sagen ist auch Ausdruck eines positiven Lebensgefühls, einer Lebenseinstellung, die dem Dankenden selber zugute kommt.

Natascha Badmann, die amtierende Weltmeisterin im Triathlon und sechsfache Ironman-Siegerin von Hawaii, schilderte vergangene Woche im CityForum der baz ihr Drei-Säulen-Trainingskonzept. Im Rahmen ihres Mentaltrainings spielt Dankbarkeit eine zentrale Rolle: Ganz bewusst konzentriert sich Natascha jeden Morgen nach dem Aufwachen auf drei Dinge, für welche sie dankbar ist und über die sie sich freut. Diese Übung fördert das positive Denken der Athletin, macht sie leistungsfähiger und selbstbewusster. Die positive Einstellung und Lebensfreude stärken ihre Ausdauer und ermöglichen die bekannten Ausnahmeerfolge.

Peter d' Aujourd'hui, Motivations-Coach und Inhaber der Firma LifeGate AG, ergänzte auf derselben baz-Veranstaltung, dass spontane Dankbarkeit die Gefahr von Routine sowie Selbstverständlichkeit bricht. Wer danke sagt, beginnt sein Leben stärker zu geniessen und tut zudem Gutes für Leib und Seele. Probieren Sie es selbst aus: Zeigen Sie sich zu Beginn einer Mahlzeit dankbar für das Essen. Sie werden automatisch langsamer kauen, weniger essen und damit gesünder leben.

Wie aber bringt man Kinder, Jugendliche und alle anderen Familienmitglieder dazu, wieder häufiger und bewusster danke zu sagen? Nach Ansicht der amerikanischen Erziehungs-Ikone Naomi Aldort ist Dankbarkeit lernbar. Nicht durch stures Befehlen oder gedankenloses Wiederholen von Plattitüden, sondern durch das praktische Vorleben. Wenn Eltern als Vorbilder ihren Kindern wieder bewusster danke sagen für Leistungen, Geschenke oder Gefühle, dann saugen diese das positive Lebensgefühl, die Motivation, die Energie auf. Dann erhält Dankbarkeit wieder eine grössere Bedeutung in unserem Leben.

› www.lifegate.ch

baz vom 12.11.2005

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